Pädagogische Hochschule
Die im März 2015 eröffnete Pädagogische Hochschule ist die logische und natürliche Weiterführung dessen, was Pukllasunchis seit ihren Anfängen gemacht hat. Hier kommen alle Erfahrungen der letzten 35 Jahre zusammen: die Bildungserfahrungen auf der Volksschulstufe und in der Lehrerweiterbildung, im interkulturellen zweisprachigen Unterricht, in der Inklusion von Kindern mit besonderem Förderbedarf, in der Umweltbildung, in der Werteerziehung.

Der Hintergrund

Die kulturelle Vielfalt
Interkulturelle zweisprachige Erziehung (EIB) ist in Peru offizielle Politik. Demzufolge sollen alle Schüler und Studierenden in Peru die Möglichkeit haben, sich als Individuum und als Staatsbürger gemäss ihren kulturellen Wurzeln und ihrer Herkunft entwickeln zu können.
Das bedeutet nichts anderes als dass die kulturelle und sprachliche Diversität als grundlegendes Element der persönlichen als auch kollektiven Identität in Peru anerkannt wird.
Der Umsetzung stellt sich aber ein Grundproblem des peruanischen Bildungswesens entgegen: es fehlt an dafür ausgebildeten Lehrpersonen. Laut dem nationalen Plan für EIB (2016) sind insgesamt 55’000 Lehrende notwendig, um allen Bildungsinstitutionen, welche nach EIB lehren wollen, die notwendigen Lehrpersonen zur Verfügung zu stellen. 2016 gab es davon aber lediglich 38’000; es sind also mindestens 17’000 zusätzliche Lehrende notwendig.

Die Bildungserfahrungen von Pukllasunchis
Die Pädagogische Hochschule von Pukllasunchis, de Educación Superior Pedagógico – EESP, antwortet mit ihrem Angebot auf diese Situation. Das EESP will Lehrpersonen in EIB ausbilden, welche sich an eine andine Quechua Bevölkerung richtet.
Lehrerbildung war aber immer schon ein Kernanliegen von Pukllasunchis. Ab 1990 war für Pukllasunchis klar, dass sie eine hochwertige Bildungsarbeit nicht leisten kann, solange sie nur innerhalb der Modellschule bleibt. Daher investierte die Asociación zuerst mal in die Unterstützung von staatlichen Schulen im ländlichen Bereich und bot Weiterbildungskurse an. Aber hier zeigten sich auch bald die Grenzen, welche einer Weiterbildung von Lehrpersonen, die eine traditionelle Ausbildung hinter sich haben, gesetzt sind. Daher wuchs dann langsam der Entscheid, eine eigene Lehrerbildungsinstitution aufzubauen.

Worum es geht
Die Ausbildung an den Hochschulen in Peru ist traditionell theorielastig und hispanozentriert. Pukllasunchis versteht ihre PH als Gegenentwurf d.h. sie will eine Ausbildung anbieten, die Theorie und Praxis miteinander verbindet und den kulturell-sozialen Hintergrund der Studierenden als konstitutives Element miteinbezieht.
Konkret: Die an der PH Pukllasunchis ausgebildeten Lehrpersonen sollen einmal einen Unterricht geben, der sich an der Realität der Kinder und an den sozialen und kulturellen Besonderheiten der Quechua sprechenden andinen Bevölkerung orientiert. Das Ausbildungsprogramm antwortet so auf die Bedürfnisse der Zielbevölkerung. Es soll zur Entwicklung von deren Selbstwertgefühl und zur Stärkung der kulturellen Identität beitragen, das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken und ganz generell die Wertschätzung des Quechua und der andinen Kultur verbessern.
Das Angebot

Das Angebot des EESP
Pukllasunchis bietet heute zwei Ausbildungswege an, eine für die Vorschul- und Basisstufe (EBR) und eine zweite für die Primarschulstufe (EIB). Jede mit einem eigenen Studienprogramm, die Ausrichtung auf Interkulturalität gilt für alle.
Die Ausbildung dauert 5 Jahre bzw. 10 Semester und entspricht insgesamt 220 Kreditpunkten. Jedes Semester umfasst 18 Wochen mit einem Wochenpensum von 30 Stunden. Das entspricht dem Pflichtpensum für jeden Studierenden. Daneben bietet die PH noch eine Reihe von Freifächern an. Praktische Unterrichtserfahrung können die angehenden Lehrpersonen schon ab dem ersten Ausbildungsjahr sammeln. Das letzte Jahr ist ausschliesslich für Praktika bestimmt.

Die Inhalte
Pukllasunchis befolgt den Lehrplan und die offiziellen Richtlinien des Erziehungsministeriums.
Aber wie alle Bildungsinstitutionen in Peru kann Pukllasunchis 30% des Lehrplans an die lokalen und regionalen Gegebenheiten anpassen. Die Studiengänge von Pukllasunchis sind vom nationalen Erziehungsministerium sowie von der Erziehungsdirektion der Region Cusco abgesegnet.
Pukllasunchis nutzt den vorhandenen Spielraum, um die Ausbildung der Lehrer und Lehrerinnen auf die interkulturelle zweisprachige Erziehung auszurichten. Das heisst insbesondere die tatsächliche Gleichstellung des Quechua und der andinen Kultur mit Wissen und Kenntnissen der abendländischen Kultur zu gewährleisten.

Die Studierenden
Das Angebot richtet sich an junge Erwachsene mit Muttersprache Quechua aus verschiedenen soziokulturellen Bevölkerungsschichten der südlichen Anden Perus. Das EESP kann 30 Studierende pro Jahr aufnehmen. Im Oktober 2018 waren rund 180 Studierende immatrikuliert.
Die Zusammensetzung der Studentenschaft ist vor allem in ökonomischer Hinsicht sehr heterogen. Etwa die Hälfte der Studenten und Studentinnen sind Werkstudenten, die neben dem Studium einer Beschäftigung nachgehen, um ihr Studium finanzieren zu können. Sie verteilen sich über ein breites Altersspektrum, darunter sind auch viele Mütter. Jugendliche und junge Erwachsene von 16 – 22 Jahren, welche die öffentlichen Schulen durchlaufen haben und die schulischen Voraussetzungen für eine tertiäre Ausbildung mitbringen, können ein nationales Stipendium beantragen.

Die Dozenten
Das Spektrum der Anstellungsverhältnisse ist breit; es gibt Voll- Teilzeit- und Stundenanstellungen.
Ein grosser Teil der Dozenten unterrichtet am Colegio oder ist in anderen Projekten von Pukllasunchis tätig; einige arbeiten auch noch in öffentlichen staatlichen Bildungsinstitutionen. Diese Mehrfachtätigkeit ist zwar für die meisten Lehrpersonen eine ökonomische Notwendigkeit, aber sie garantiert auch dafür, dass der schulische Alltag im EESP präsent, dass Theorie und Praxis sich nahe sind.
Die Ergebnisse

Wie sind die bisherigen Ergebnisse?
Die ersten Absolventen der EESP werden erst im Jahr 2020 ihr Studium abschliessen und in den Schuldienst eintreten. Über den Erfolg der Ausbildung am EESP, über ihre tatsächliche Auswirkung auf den Unterricht lassen sich also bis auf weiteres noch keine Aussagen machen.
Die im Herbst 2018 durchgeführte externe Evaluation von drei anerkannten peruanischen Erziehungswissenschaftern bescheinigt dem Ausbildungsprogramm eine gewisse Einzigartigkeit. Zum einen entspricht es den tatsächlichen Bedürfnissen der Quechua sprechenden andinen Bevölkerung, zum andern aber stellt das Zusammenführen von zwei kulturellen Modellen, dem andinen und dem abendländisch-akademischen, im urbanen Kontext von Cusco eine echte, innovatorische Leistung dar.
Die Studierenden äussern sich laut der externen Evaluation ungewöhnlich positiv, ja begeistert zum EESP. Sie sind ausgesprochen dankbar dafür, dass Pukllasunchis ihnen diese Ausbildung möglich macht, vor allem aber über die völlig neue Art zu lernen und zu lehren, weit weg von der eigenen repressiven Schulerfahrung, nämlich mit Vertrauen und Respekt in einem Team zu arbeiten, ohne Angst vor dem Falschmachen, sondern mit viel Wertschätzung für das Wissen und Können jedes Einzelnen.