Radio
Wöchentlich werden fünf Radiosendungen mit Kindern der peruanischen Anden (auf Quechua und Spanisch) produziert, welche für die Schulen im ländlichen Raum und der Aussenquartiere von Cusco bestimmt sind. Eine Sendung stellen die Kinder der beteiligten Schulen selber her, zusammen mit ihren LehrerInnen und manchmal der ganzen Gemeinde. Die teilnehmenden Kinder und Erwachsenen berichten von ihren Bräuchen, Ritualen und ihrem Alltag. Sie geben damit ihr Wissen und ihre Weltanschauung weiter.
Die Anfänge
Warum das Radio?
Die Massenmedien, welche die öffentliche Meinung in Peru beherrschen, übermitteln ihre Inhalte in ihrer grossen Mehrheit in spanischer Sprache und.
Viele Einheimische sind aber Quechua-Sprachig – vor allem Frauen und Kindern im ländlichen Raum. Für sie ist Spanisch eine Fremdsprache. Auch kulturell liegen die beiden Welten weit auseinander. Die in den grossen Medien vermittelte Welt, ist ihnen fremd. Ihre eigene Lebensrealität sehen sie dort nicht abgebildet.
Das Radio ist ein ideales Kommunikationsmedium für die ländliche Bevölkerung. Es ist von seinem Wesen her nahe der oralen Kultur. Es ist in allen Bauerngemeinden bis in die hintersten Hügel präsent. Und es ist mit relativ geringem Aufwand zu nutzen, nicht nur um zu empfangen, sondern auch um zu senden. Kurz: das Radio eignet sich vorzüglich, um lokale Kultur und überliefertes Wissen der indigenen Bevölkerung bekannt zu machen und zur Geltung zu bringen. Das Radio kann denjenigen eine Stimme geben, die bisher keine Stimme haben.
In den letzten 20 Jahren sind daher verschiedene Initiativen und Projekte entstanden, welche dieses Potential des Radios nutzen wollen. Dazu gehört auch das Radioprojekt der Asociación Pukllasunchis.
Wie es begann
Das Programm startete im Juni 2003 und war von Anfang an auf Cusco und die Landbevölkerung in den umliegenden Andenregionen ausgerichtet.
Die wöchentlichen fünf Radiosendungen für Schulen und Familien kamen von Anfang sehr gut an, weil sie Alltag und Kultur, lokale Erfahrung und überliefertes Wissen der lokalen indigenen Bevölkerung zum Inhalt hatten und sowohl in Spanisch als auch in Quechua produziert wurden. Die Sendungen werden in der ganzen Region und in der Stadt Cusco gehört und haben eine enorme Popularität erreicht. In den letzten Jahren hat Pukllasunchis auch Anfragen von anderen Regionen erhalten, und die Programme werden nun auch in anderen Dörfern und Städten Perus ausgestrahlt.
Das Ziel
Was das Programm will
Das Programm richtet sich in erster Linie an die Schüler und SchülerInnen im Primarschulalter und deren Eltern in den Provinzen von Cusco und Puno.
Das Grundanliegen des Programms ist sicherzustellen, dass im nationalen Bildungssystem das Sein, das Wissen und das Fühlen der Kinder aus den Anden nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern einen angemessenen Stellenwert erhält. Pukllasunchis nutzt die Möglichkeiten des Radio, um die Schulzimmer zu einem Ort zu machen, wo ein interkultureller Austausch über Wissen und Weltbild der andinen Völker stattfindet.
Konkret will das Programm:
- die persönliche und kulturelle Identität der Kinder stärken. Am Radio vertreten die Kinder sich selber; in ihren selbst produzierten Sendungen auf Quechua und Spanisch vermitteln sie der Welt draussen ihren Alltag und ihre Sicht auf ihre Gemeinschaft und ihre Welt.
- das Wissen um die einheimische Kultur, deren Besonderheiten und deren Werte in der breiten Bevölkerung über die ausgesendeten Radioprogramme verbreiten.
- den interkulturellen Unterricht in den Schulen fördern. Das geschieht einmal durch die Weiterbildung von Lehrpersonen, zum andern über das pädagogisch-didaktische Material, welches zu den Radiosendungen zuhanden der Lehrpersonen produziert wird.
- die Methode “Radio” fördert den aktiven Unterricht ausserhalb des Schulzimmers. Gleichzeitig komm die Lebensrealität der Kinder in die Schule hinein.
Was das Radioprogramm konkret anbietet
Radiosendungen
Fünf Radiosendungen (auf Quechua und Spanisch) werden wöchentlich produziert, welche für die Schulen im ländlichen Raum und in städtischen Aussenquartieren bestimmt sind. Sie werden über verschiedene lokale Radiostationen ausgestrahlt und via facebook (Radio à la carte) online zur Verfügung gestellt.
Eine Sendung stellen die Kinder der beteiligten Schulen selber her, zusammen mit ihren LehrerInnen und manchmal der ganzen Gemeinde. Sie berichten dabei von ihren Erlebnissen und Interessen, ihrem Alltag, von Persönlichkeiten aus ihrem Umfeld, von ihrer Gemeinde. Die anderen Sendungen entstehen im Studio des Projekts in Cusco, basieren aber immer auf Nachforschungen und Erkundungen in den Dörfern sowie Interviews und Aufnahmen mit den Kindern, Eltern und Vertretern der Dorfgemeinschaften. Inhaltlich stehen hier die Erfahrungen und Kenntnisse der lokalen Bevölkerung im Mittelpunkt. Alle Sendungen werden täglich ausgestrahlt und dienen den LehrerInnen als Input für den interkulturellen Unterricht. Sie können sich dabei auf die Weiterbildungsmodule und pädagogisch-didaktisches Begleitmaterial abstützen, das eigens sowohl für Lehrende wie Lernende produziert wird.
Alle beteiligten Lehrpersonen erhalten während des ganzen Jahres eine Weiterbildung in Didaktik «Radio in der Schule» mit Modulen für den interkulturellen Unterricht.
Um sicherzustellen, dass die pädagogischen Innovationen von Pukllasunchis auch von den zuständigen Stellen des Bildungsministeriums anerkannt und geschätzt werden, unterzeichnet Pukllasunchis Abkommen und kooperiert mit den örtlichen Bildungsdirektionen.
Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort
Neben der Arbeit mit den Kindern und Lehrpersonen ist die Zusammenarbeit mit den Eltern, Dorf- oder Quartierbewohnern, Dorfältesten und Basisorganisationen entscheidend für den Erfolg des Programms.
Auch sie produzieren ihre eigenen Radiosendungen, wobei vor allem die Frauen die aktivsten Rollen einnehmen. Sie sind Trägerinnen und Bewahrerinnen des lokalen Wissens. Das will Pukllasunchis für das Radioprogramm nutzbar machen.
In den über 20 Jahren des Radioprogramms ist eine imposante Sammlung von ethnografischem und didaktischem Material entstanden. Dieses Material wird sortiert, aufbereitet und über eine virtuelle Plattform Lehrkräften, Studierenden und anderen Interessierten zugänglich gemacht.